„Eckenbilder“ 1969 – 1970

Josef Albers, Homage to the Square, 1954
Öl auf Masonite, 60 x 60 cm,
Josef Albers Museum Quadrat, Botrop
Wegweiser - Rolf Hans Wegweiser, 1969

Noch deutlicher als in den „Schachtelbildern“ führt uns Hans in den „Eckenbildern“ die optische Wechselwirkung der Farben vor. Ohne jegliche Trennlinien liegen hier die nun völlig homogenen Farbflächen nebeneinander, so daß sich in den Grenzbereichen die Veränderung ihrer Eigenschaft offenbart. Denn trotz der gleich gearteten Farbigkeit nimmt unser Auge diesen statischen Faktor nicht wahr. Vielmehr erscheint z.B. ein helles Feld in Nachbarschaft eines dunkleren noch heller und umgekehrt.

Dieses Phänomen erfahren wir in „Wegweiser“ von 1969. Eine Steigerung der optischen Täuschung erhält das Gemälde durch das stark herausragende obere Rechteck, dessen strahlendes Hellblau uns eine solche Leichtigkeit suggeriert, daß wir meinen mögen, es könne ‚davonfliegen‘.

Wie bei diesem Bild beschränkt sich Hans – im Gegensatz zu Josef Albers, der seine Farb- Interaktionen allein auf das quadratische Bildformat begrenzt – weder auf das Quadrat noch überhaupt auf das traditionelle Viereck. Indes nutzt er häufig für die Gemälde dieser Zeit das Polygon, mit dem er die räumliche Komponente als weitere Irritation in sein visuelles Farbenschauspiel einfließen läßt.

 

Das gilt auch für „Entwurf für Hell-Dunkel“, 1970. Auf der ebenen Holztafel finden wir die ineinander verwobenen Flächen – von unten nach oben gesehen – Beige, Ochsenblut und Lachsfarben. Ganz spontan nehmen wir diese Staffelung angesichts des stufenförmigen oberen Bildrandes vor. Schauen wir uns aber den unteren Bildbereich genauer an, stellt sich bald der Eindruck ein, die Sequenz erfolge von Beige, Ochsenblut und Lachsfarben.

Während sich hier die Farbfelder auf einem einzigen Malgrund befinden, ist in „Entwurf für Violettes Blau-Beige“ aus dem gleichen Jahr jeder Farbfläche eine eigene Tafel zugeordnet. Sie verzahnen sich durch ihre mit dem Nachbarn korrespondierende, polygonale Form. Rückseitig fest miteinander verbunden, ergeben die Außenkanten ein Viereck, womit sich die Interaktion innerhalb dieser Grenzen vollzieht.

In vielfältigen Variationen von zwei oder drei unterschiedlich ineinander geschachtelten Vierecken gleicher oder verschiedener Töne spürt Hans in den „Eckenbildern“ die stetige innere Bewegung der Farben im jeweiligen Kontext nach. Dabei gelingt es ihm eindrucksvoll, die Illusion einer visuellen Wahrheit zu schaffen, mit der er uns zugleich auffordert, das Kunstwerk mitzuerleben und immer wieder selbst neu zu erschaffen.

Entwurf für Hell-Dunkel - Rolf Hans Entwurf für Hell-Dunkel, 1970
Entwurf für Hell-Dunkel - Rolf Hans Entwurf für violettes Blau-Beige, 1970