„Schachtelbilder“ 1967 – 1968

Gelb-Violett-Rot-Grün- Rolf Hans Gelb-Violett-Rot-Grün, 1968

Stand in den „Flecken-“ und „Streifenbildern“ die expressive Kraft der Farben im Vordergrund, verleiht Rolf Hans in der folgenden Schaffensphase von 1967 bis 1970 der optischen Erscheinung der Farben mehr Gewicht. Jetzt rückt er, in Anlehnung an Josef Albers geometrische Abstraktion, die Eigengesetzlichkeit der Farbe in den Vordergrund. Dabei gilt seine Aufmerksamkeit vor allem ihrer räumlichen Wirkung, die sich durch die Gegenüberstellung bzw. durch die Interaktion der Töne stetig verändert. Zunächst erforscht Hans diesen Wandel in den „Schachtelbildern“: In ihnen begegnen sich waagerechte und senkrechte Rechtecke, Streifen und Balken nicht mehr, indem sie sich nebeneinander reihen oder aufeinander prallen, sondern indem sie sich überschneiden. Zudem verstärkt der ‚Distanzwert‘ ihres Farbtons das geflechtartige Kompositionsgefüge. Das entstehende Vorund Zurückdrängen der Farbfelder wird jedoch durch schmale Trennlinien – meist das Weiß des Malgrundes – gemildert, so daß ihr Agieren innerhalb einer Ebene stattfindet und diese zugleich an die Bildfläche gebunden wird.

Ein weiteres dynamisches Moment erhalten insbesondere die Aquarelle durch das Innenleben der Farbflächen. Wie in „Gelb-Violett-Rot-Grün“, 1968, wird dieses mittels des unterschiedlichen Malduktus erreicht. So ist die Wasserfarbe mal unregelmäßig, mal gleichmäßig opak bzw. transparent aufgetragen, wobei die Farben einzelner Flächen partiell in benachbarte Felder übergreifen. Darüber hinaus gibt das runde Bildformat des Blattes der Komposition einen weiteren Bewegungsschub.

 

Nicht nur die Wirkung des runden Formates erprobt Hans, sondern auch das der Raute. Für den überwiegenden Teil seiner „Schachtelbilder“ wählt er jedoch das Quadrat, bei dem er die Gestaltungsrichtung häufig diagonal disponiert. Dies gilt auch für das Acrylbild „Blau-Braun“, 1968, bei dem sich ebenfalls die Qualität der einzelnen Felder unterscheiden. So sind die Farben entweder bis zu den Begrenzungen hin gleichmäßig deckend aufgetragen, oder aber sie sind lagenweise aufgebracht, wodurch die untere Schicht an den Rändern zu erkennen ist. Diese Einfassung verleiht der Komposition zusätzlich zum Farbkontrast und zur diagonalen Ausrichtung eine spannungsvolle Lebendigkeit.

Um sich bei der Gestaltung dieser Werke Klarheit über die Wirkung von Farben, Formen, Linien und Flächen zu schaffen, fertigt Hans zuvor Papiercollagen an, die ihm nicht nur zur Kontrolle, sondern auch zur Analyse seiner Kompositionsideen dienen: „Dieses Arbeiten mit vorgeschnittenen oder leicht änderbaren Formen, mit dieser Vielfalt der Farben, führt weiter. Rückblickend muss ich sagen, daß alles Weiterkommen mit der eigenen Arbeit immer über die Collagen ging. Sie läßt durch ihre Variabilität und in ihrer Austauschbarkeit vor dem fixieren mit Klebstoff jeden Versuch des Komponierens zu. [...]“

Blau-Braun - Rolf Hans Blau-Braun, 1968