„Papiercollagen“ 1990 – 1995

Ohne Titel - Rolf Hans Ohne Titel (13. März), 1980

Stets begleiten Papiercollagen Rolf Hans‘ malerisches Schaffen. Zum einen nutzt er sie zur Überprüfung seiner Bildgedanken, wie wir es schon bei den „Schachtelbildern“ gesehen haben. Zum anderen dient ihm diese Technik auch als eigenständige Ausdrucksmöglichkeit, wie das parallel zu den „Monochromen Bildern“ entstandene Blatt „Ohne Titel (13. März 1980)“ zeigt.

Das gilt auch für die Arbeiten, die Hans ab 1990 anfertigt, nachdem er keine Bilder mehr malt. Für diese Collagen verwendet er nicht Papierarten, die sich durch strukturelle Unterschiede oder glänzende bzw. matte Oberflächen voneinander abheben. Vielmehr bevorzugt er für die jeweilige Komposition die gleiche Sorte, etwa ‚Canson Ingres‘ oder ‚Canson Mi-Teintes‘ Papiere. Neben dem eingeschränkten Farbspektrum, das sie ihm bieten, fordert ihn bei der Gestaltung besonders das Spiel der Formen heraus. Durch das Reißen per Hand oder mittels eines Messers, das er gleich dem Bleistift führt, läßt Hans die Farbformen entstehen. Mit dieser Vorgehensweise greift er das von Henri Matisse in den frühen 1930er Jahren hervorgebrachte Verfahren der Papiercollage – das ‚Malen mit der Schere‘ – auf, das dieser in dem Album „Jazz“ 1947 zu einem virtuosen Höhepunkt bringt. Hauptsächlich der Umgang mit der Farbe sowie die musikalischen Strukturen der Collagen des französischen Künstlers begeistern Hans nachhaltig.

 

In Anlehnung an seine Malerei legt er die Farbformen Schicht um Schicht übereinander. Doch sind es keine das gesamte Bildformat ausfüllende Flächen, die seine Gemälde des vergangenen Jahrzehnts kennzeichnen. So auch bei „Reste von Resten Nr. 8“ von 1991. Die Komposition wird von zwei ineinander geschachtelten Feldern beherrscht, deren unregelmäßige Grenzen ihnen eine brodelnde Energie geben. Diese spüren wir besonders bei der unteren schwarzen Form. Das darüberliegende Grau erhält zudem mittels der hellen Einfassung – sie ist durch die stehengebliebenen Papierfasern beim Ausreißen entstanden – eine Leichtigkeit, als wolle es davon schweben.

Hans nimmt hier ein Element seiner Malerei von 1980/81 auf und entwickelt es weiter. Mit Hilfe weniger, subtiler Mittel überführt er die gestalteten Flächen in eine Raumtiefe und schafft nun mittels des Material-Schichtens tatsächlich eine räumliche Dimension.

Bei anderen Blättern dieser Serie finden wir mal mehr, mal weniger breite Farbstreifen vor. Im Gegensatz zu den „Streifenbildern“ der 1960er Jahren folgen diese jedoch nicht immer einer einzigen Richtung, sie können sich auch kreuzen. Bei „Reste von Resten Nr. 3“, 1991, beispielsweise überschneiden zwei überlagerte ochsenblutfarbige Längsstreifen das braune und beige Feld sowie die schwarze Linie. Letztere scheinen sie regelrecht zu durchtrennen, was nicht nur die Spannung des Farbdialoges steigert: Wie zwei schorfige Wunden muten sie an und mögen damit zugleich auf einen Teil des Entstehungsaktes verweisen, dem Zerfetzen des Papierbogens.

Den bestechenden Reiz dieser Collagen erreicht Rolf Hans nicht allein durch die intensive Farbkraft der Papiere, sondern vor allem durch die dramatisch-sinnliche Wirkung seiner direkt aus dem Bogen herausgerissenen Formen. Dieses aus der Farbe heraus Gestalten erinnert an die unmittelbare Arbeit eines Bildhauers im Stein oder Holz.

Ohne Titel - Rolf Hans Reste von Resten 8, 1991
 
Reste von Resten - Rolf Hans Reste von Resten 3, 1991